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Zum Thema „Pandemie” (Die Pest) von Albert Camus

  • By zitate
  • Apr.-28-2025
  • Albert Camus, gutezitate.net, Literatur, Pandemie, zitat, Zitat aus Literatur
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„Einige unserer Mitbürger hatten über der Hitze und der Pest den Kopf verloren, sich zu Gewalttaten hinreißen lassen und versucht, die Aufmerksamkeit der Wachen abzulenken, um aus der Stadt zu fliehen. Andere, wie Rombert, suchten ebenfalls, aus dieser Stimmung beginnender Panik zu entfliehen.
Aber sie taten es mit größerer Zähigkeit und mehr Geschick, wenn auch nicht mit mehr Erfolg. Sein Hauptgrund war immer der, dass er fremd war in unserer Stadt und dass sein Fall deshalb gesondert zu prüfen sei. Im Allgemeinen gaben die Leute das gern zu, aber meistens hielten sie ihm vor Augen, dass sich noch andere Menschen in dieser Lage befänden und dass infolgedessen seine Angelegenheit nicht so einzig dastehe, wie er es sich vorstelle.
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Rombert mochte erwidern, dass sich damit an seiner Beweisführung nichts ändere, worauf er zur Antwort erhielt, es ändere aber etwas an den verwaltungstechnischen Schwierigkeiten, die sich jeder Ausnahmebehandlung entgegenstellten, da man Gefahr laufe, damit einen Präzedenzfall zu schaffen – und diesen Ausdruck gebrauchte man nur mit großem Widerwillen. Nach der Einteilung, die Rombert Dr. Rieu vorschlug, gehörten diese Miesmacher zur Klasse der Formalisten. Außer ihnen gab es noch die Schönredner, die dem Bittsteller versicherten, das alles könne nicht lange dauern; die, wenn man Entscheidungen verlangte, vor guten Ratschlägen troffen und Rombert mit der Erklärung trösteten, es handele sich nur um eine vorübergehende Unannehmlichkeit. Dann gab es die Wichtigtuer, die den Besucher baten, seinen Fall schriftlich zusammenzufassen, und die ihm mitteilten, sie würden über eben diesen Fall beschließen. Die Leichtfertigen, die ihm Übernachtungsgutscheine oder Adressen billiger Pensionen anboten; die Planmäßigen, die einen Zettel ausfüllen ließen, den sie nachher einordneten; die Überbeanspruchten, die die Arme gen Himmel warfen – und jene Belästigten, die ihre Augen abwandten. Schließlich traf man am häufigsten die üblichen Beamten, die Rombert an ein anderes Büro wiesen oder ihm einen neuen Schritt empfahlen.“

Felix Lobrecht

Art:
Zitat
Themen:
Holocaust-Verharmlosung*, Verhöhnung von Ermordeten, Anmaßung
Polit-Richtung:
Rechtsextrem
Quelle:
ARD
Hintergrund

Zum Autor: Albert Camus (1913–1960) war ein französischer Schriftsteller, Philosoph und Journalist, der zu den wichtigsten Intellektuellen des 20. Jahrhunderts zählt. Er wurde in Algerien geboren, das damals eine französische Kolonie war, und setzte sich zeitlebens mit Themen wie Sinnsuche und menschlicher Freiheit auseinander. Camus gilt als Mitbegründer des Existenzialismus, obwohl er sich selbst davon distanzierte und lieber vom „Absurdismus“ sprach. 1942 veröffentlichte er sein berühmtes Werk „Der Fremde“ und 1947 den Roman „Die Pest“, aus dem dieser Auszug stammt. Für sein Gesamtwerk erhielt Camus 1957 den Nobelpreis für Literatur.<h/4>
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Interpretation: Der Auszug beleuchtet die Figur Rombert, einen Journalisten, der während der Pest versucht, aus der von der Seuche isolierten Stadt zu entkommen. Seine Fluchtversuche zeigen den verzweifelten Wunsch nach Normalität und persönlichem Glück, zugleich aber auch den Widerstand der Bürokratie, die seine Bitte als Ausnahme behandelt und damit verweigert. Die Passage schildert mit bitterem Ton und satirischer Schärfe verschiedene Reaktionstypen auf Notlagen. Camus zeichnet so ein Bild einer Gesellschaft, die auf individuelle Schicksale mit Gleichgültigkeit oder systematischer Abweisung reagiert. Romberts Beharrlichkeit hebt seine Menschlichkeit hervor, doch seine Argumente scheitern an der Absurdität des Systems – ein zentrales Motiv im Werk Camus’. Die Seuche wird hier nicht nur als biologische, sondern als moralische und gesellschaftliche Prüfung verstanden, in der sich der wahre Charakter der Menschen offenbart.
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Im Kontext der Zeit: Der Roman entstand kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, in einer Zeit tiefgreifender Erschütterung und Orientierungslosigkeit. Die Pest ist dabei nicht nur eine Krankheit, sondern ein Symbol für totalitäre Regime, Krieg, Unterdrückung und menschliches Versagen. Camus verarbeitet in seinem Werk die Erfahrungen des französischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus, aber auch seine eigenen Überlegungen zur Rolle des Einzelnen in einem anonymen, oft grausamen System. Der dargestellte Bürokratismus erinnert an staatliche Apparate, die Menschlichkeit gegen Ordnung eintauschen. Der Mensch sucht Sinn, trifft aber auf Gleichgültigkeit – sei es von Seiten der Natur oder der Institutionen. Trotz dieser Einsicht plädiert Camus für Solidarität, Mut und ethische Verantwortung. Insgesamt ist diese Passage auch im Kontext verschiedener, auch extremer Reaktionen in der Gesellschaft zu Zeiten der Corona-Pandemie (2020-2023) interessant zu lesen.

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Tags:
Albert Camus gutezitate.net Literatur Pandemie Zitat Zitat aus Roman

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